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Blickpunkt 89

Das Fernsehen ist tot, lang lebe das Fernsehen!

„Das Mediennutzungsverhalten verändert sich drastisch. Die verstärkte Nutzung von Online-Angeboten wie Streaming, Social Media und weiteren On-Demand-Diensten stellt klassische Medien wie das Fernsehen vor strukturelle Herausforderungen –insbesondere jüngere Zielgruppen werden weniger erreicht. Gleichzeitig ist das Fernsehen für viele Werbetreibende nach wie vor ein Garant für hohe Reichweiten und weiterhin eine unverzichtbare Kommunikationsplattform", erklärt Professor Dr. Aaron Leander Haußmann, der seit Juli 2021 als Professor für Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt Marketing und Vertrieb lehrt.

Im dualen Studium werden Theorie und Praxis miteinander verzahnt – so sind Praxisbeispiel in der Theoriephase keine Seltenheit. Benjamin Gutensohn, Vice President Content Transformation bei der ProSiebenSat.1 Group, gab in einem Vortrag Einblicke, wie das Unternehmen die Zukunft des Fernsehens gestaltet und sein Angebot weiter diversifiziert; mit dabei waren zwei Kurse des Studiengangs »BWL – International Business«. Sie verfolgten dem Vortrag im Rahmen der Vorlesung »International Marketing Strategy« bei Herrn Haußmann. Bereits die Vorlesung thematisierte unter dem Kapitel »Kommunikation«, dass Werbetreibende zunehmend ihre Budgets weg von Fernsehwerbung hin zu Paid Search, Online-Display Werbung und Social Media allokieren. Gutensohn unterstrich in seinem Vortrag diesen Trend und zeigte auf, dass neben der klassischen TV-Entertainment-Sparte auch die Bereiche »Online-Dating« und »Commerce & Ventures« zu einem wachsenden Teil am Konzernumsatz und damit zur Diversifizierung des Medienunternehmens beitrügen. Perspektivisch würde so die Abhängigkeit vom sogenannten linearen Fernsehen reduziert.

„Die erste Impulsfrage an die Studierenden,“, berichtet Haußmann, „wer aus dem Auditorium regelmäßig fernsehe, zeigte das Dilemma des klassischen Fernsehens auf: Nur eine Handvoll Studierender bekannten sich zur Nutzung dieses Mediums." Mit empirischen Studien verdeutlichte Gutensohn jedoch, dass nach wie vor ein starker Zusammenhang zwischen Produkten aus der TV-Werbung und der Wiedererkennung in Konsumsituationen und dem letztendlichen Kaufverhalten naheliegt.

Insbesondere der Verlust der Relevanz des Fernsehens und von Fernsehwerbung für die Zielgruppe zwischen 14 und 29 ließe sich nicht leugnen, so der Referent. Der Anteil von klassischem linearem Fernsehen sei an der gesamten Bewegtbildnutzung im Vergleich zu anderen Zielgruppen deutlich geringer. Dem begegnet die ProSiebenSat.1 Group unter anderem mit dem Ausbau von Video-on-Demand-Angeboten (VoD). Lokal produzierte und zielgruppengerechte Produktionen sowie Markenbotschafter wie Joko und Klaas, die auch bei den teilnehmenden Studierenden hohe Popularität genießen, sollen dazu beitragen, sich als Unternehmen von den internationalen Online-Riesen Netflix und Amazon abzuheben. Zudem berge die Verknüpfung von Online-Angeboten und TV viel Potenzial, da eine zeitgleiche Nutzung von Fernsehen und mobilem Endgerät vorliege, meint Gutensohn. Zudem können nicht verkaufte Werbekontingente auch genutzt werden, um Start-Up-Unternehmen schnell durch die mediale Präsenz bekannt werden und skalieren zu lassen. Dadurch böte sich die Möglichkeit, die Unternehmen bzw. Beteiligungen an ihnen zu entwickeln und deren Unternehmenswert damit deutlich zu erhöhen.

Haußmann resümiert mit den Studierenden gemeinsam: „Gutensohn konnte mit dem Vortrag aufzeigen, dass das Fernsehen keineswegs tot ist, sich wohl aber in einem tiefgreifenden Wandel befindet.“

In der abschließenden Gesprächsrunde gab Gutensohn, der selbst bereits in verschiedenen Branchen tätig war, den Studierenden wertvolle Tipps für die eigene Karriere und Entwicklung mit. „Die Antwort auf die Frage einer Studentin, ob Herr Gutensohn Joko und Klaas bereits persönlich kennengelernt habe, bleibt das Geheimnis der Teilnehmer*innen“, erklärt Haußmann mit einem Augenzwinkern.

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